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Neues Hundegesetz: Hunde dürfen nicht mehr an Badestellen mitgenommen werden

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Am 22. Juli 2016 trat das neue Berliner Hundegesetz in Kraft. In der Presse häufig zu lesen ist, die entscheidende Neuerung sei die Pflicht, Kotbeutel mit sich zu führen. Häufig übersehen wird dabei, dass es weit bedeutsamere Neuregelungen gibt. Neben der Ermächtigung der Behörden, Hundeverbotszonen einzurichten sind dies das ganzjährige Hundeverbot an öffentlichen Badestellen und die Erweiterung der Zweckbestimmung des Gesetzes um ein „verträgliches Zusammenleben von Menschen und Hunden“. Die letzen beiden Bestimmungen waren im Gesetzentwurf der Verwaltung nicht enthalten und wurden erst nach der ersten Lesung des Abgeordnetenhauses eingefügt. Aber auch manche Absurdität ist zu entdecken und viele Chancen wurden vertan.

Begrüßenswertes

Ganzjähriges Hundeverbot an öffentlichen Badestellen

Hieß es im alten Gesetz noch, Hunde dürften an „gekennzeichneten“ öffentlichen Badestellen* nicht mitgenommen werden, lautet der Passus (§ 15, 1) nun:

„Hunde dürfen nicht mitgenommen werden (…) an öffentliche Badestellen mit Ausnahme an als solche gekennzeichnete Hundebadestellen.“

Das Wort „gekennzeichnet“ ist entfallen. Für den Schlachtensee und die Krumme Lanke bedeutet dies, dass Hunde dort an keiner Stelle ans Wasser geführt werden dürfen. An vielen anderen Stellen der Berliner Flüsse, Kanäle und Seen dürfen Hunde weiterhin schwimmen; öffentliche Badestellen – auch wenn sie nicht als solche gekennzeichnet sind – sind jetzt aber den Badeanstalten gleichgestellt und ganzjährig tabu. Eine ausgewiesene Hundebadestelle gibt es in Berlin nur am Grunewaldsee.

Zweckbestimmung: verträgliches Zusammenleben

Der Zweck des Gesetzes (§ 1) wurde im Laufe des Diskussionsprozesses erweitert. Als Zweck wird nunmehr nicht – wie noch in der Fassung, die in der ersten Lesung das Abgeordnetenhaus passierte – ausschließlich der „Schutz der öffentlichen Sicherheit“ genannt, sondern zusätzlich

„ein verträgliches Zusammenleben von Menschen und Hunden unter den besonderen Bedingungen einer Großstadt sicherzustellen.“

Dies dürfte nicht zuletzt dann juristisch relevant werden, wenn es um die Einrichtung von Hundeverbotszonen geht.

Behörden dürfen Hundemitnahmeverbote anordnen

Auch dieser Passus (§ 15,2) wurde neu eingefügt. Die Behörden (u.a. Bezirksämter und Landesforstamt) können in Gebieten, die der Erholung der Bevölkerung dienen, Hundemitnahmeverbote anordnen. Damit ist eine – bislang fehlende – eindeutige Rechtslage geschaffen worden. Es gibt keine Hinderungsgründe mehr, an den Seen erneut ein Hundemitnahmeverbot zu verfügen.

Absurdes

Es gilt eine allgemeine Anleinpflicht (§ 28) für Hunde, die nach dem 22. Juli 2016 angeschafft wurden und deren Halter/innen keinen Hundeführerschein haben. Hatten die Halter/innen aber in den letzten fünf Jahren bereits mindestens drei Jahre einen Hund, brauchen sie keinen Führerschein (§ 6,2). Alle Experten/innen sagen, dass ein erheblicher Teil der Hunde schlecht oder gar nicht erzogen und z.B. nicht abrufbar ist. Den Haltern/innen solcher Hunde pauschal die Sachkunde zu bestätigen, ist sinnwidrig. Aber es kommt noch absurder: Wie weist man nach, dass man bereits einen Hund hatte? Aus der Verwaltung verlautet, dass man das mit einer Bescheinigung des Finanzamtes über gezahlte Hundesteuer tun könne. Aber in Berlin ist jeder zweite Hund nicht angemeldet. Deren Halter/innen bleibt jetzt die Selbstanzeige beim Finanzamt – oder sie tun eben das, was sie immer schon getan haben: nichts. Denn kontrolliert wird sowieso nicht.

Verpasste Chancen

Wir haben uns an anderer Stelle bereits ausführlich mit dem Gesetz beschäftigt und detaillierte Vorschläge unterbreitet (Link, Link). Der neu in den Gesetzestext eingefügte Zweck eines „verträglichen“ Zusammenlebens ist zwar begrüßenswert, genau diesen Zweck aber erfüllt das Gesetz nicht. In Berlin müssen Menschen auf Bürgersteigen, öffentlichen Plätzen und in Wald und Flur nach wie vor den Hunden Platz machen und nicht umgekehrt die Hunde den Menschen.

„Bei der Begegnung mit Passanten oder anderen Hundehaltern wird der Hund immer auf der abgewandten Seite und an der kurzen Leine geführt. Bei zuverlässigem Gehorsam kann er bei Fuß geführt werden.“

(Aus dem Codex für Hundehalter und Nichthundehalter des Kantons Zürich.)

Während in Neapel, Tarragona und in einigen Stadtteilen Londons und mittlerweile auch von etlichen privaten Wohnungsbaugesellschaften die DNA registriert wird, um so liegen gelassenen Kot zuordnen zu können, und viele andere Städte und Gemeinden derartiges planen, gibt Berlin sich „sexy“ und forderte bis vor kurzem Touristen/innen gar auf, den Hundekot liegen zu lassen. Eine sexy Stadt stellen wir uns anders vor.

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* Definition „Badestelle“

„Eine öffentliche Badestelle nach (….) HundeG ist ein für die Allgemeinheit zugänglicher Bereich am Ufer eines – mindestens teilweise – zum Baden geeigneten Gewässers einschließlich der unmittelbar angrenzenden Wasserfläche, der zum Baden und den damit typischerweise verbundenen Freizeitaktivitäten dient“ (Verwaltungsgericht Berlin 15.12.2015: VG 23K 359.15).

2.10.2016