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Der Tagesspiegel hat den Spitzenkandidaten/innen für die Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf vor den Wahlen einen Katalog an Fragen vorgelegt. Darunter war auch folgende Frage:
„Badestelle und/oder Hundebadestelle: Wie sieht Ihre Lösung für das friedvolle Miteinander von Hundebesitzern, Hunden und Nichthundebesitzern an den Seen im Bezirk aus?“
Wir dokumentieren und kommentieren hier die wesentlichen Passagen der Antworten. In der Gesamtschau ergibt sich, dass es wohl auf eine Art „runden Tisch“ hinauslaufen wird.
Foto: Im Rathaus Zehlendorf dulden die Politiker/innen keine Hunde, in Erholungsgebieten aber wohl?
Cerstin Richter-Kotowski (CDU 28,4%, 17 Sitze) will es mit einem Dialog versuchen:
„Die Hundebesitzer sind die Gruppe, die sich am lautstärksten öffentlich Gehör verschaffen konnte. Das Bezirksamt hat aber viele Briefe erhalten, die durchaus Verständnis für das Hundeverbot gezeigt haben. Denn einige Hundebesitzer sind ungehalten und unbelehrbar, wenn sie darauf angesprochen werden, dass ihre Hunde Kinder verängstigen oder neben Badenden ihr Geschäft verrichten. Vielleicht gelingt es dem Bezirksamt nach der Aufregung, einen Dialog zwischen Hundebesitzern und den anderen Besuchern der Seen in Gang zu bringen; damit gegenseitiger Respekt zu gegenseitiger Rücksichtnahme führt. Ich gebe aber zu, dass sich die Fronten verhärtet haben, sodass ein friedliches, generationsübergreifendes Miteinander nur schwer ohne Regeln erreichbar sein wird.“
Sind es wirklich „die“ Hundebesitzer, die sich sehr lautstark öffentliches Gehör verschaffen konnten, oder ist es eine bestimmte Gruppe von Hundebesitzer/innen?
Michael Karnetzki (SPD 22,6%, 13 Sitze) will ebenfalls einen Dialog, spricht sich aber von vornherein gegen ein Hundeverbot aus:
„Ich wünsche mir einen Prozess des öffentlichen Dialogs anstatt ständig verlorener Prozesse vor Gericht. Mit dem Hundeverbot ist der Bezirk jetzt zwei Mal gescheitert. Das zeigt, dass das nicht der richtige Weg ist. (…) Die Leinenpflicht, die jetzt durchgehend an den Seen gilt, werden wir durchsetzen; zur Not verstärkt mit Bußgeldern.“
Er verkennt, dass sich die gesetzliche Grundlage seitdem verändert hat und die verlorenen Prozesse rein gar nichts darüber aussagen, was der richtige Weg ist: Im neuen Hundegesetz ist ausdrücklich festgeschrieben, dass die Bezirke in Erholungsgebieten Hundeverbote aussprechen dürfen. Auch verlor das Bezirksamt den letzten Prozess, weil das Ordnungsamt – unter der Leitung von Herrn Karnetzki – jahrelang nicht an den Seen präsent war und kaum Bußgelder verhängt hat; das Bezirksamt konnte deshalb nicht nachweisen, das es dort zu einer erheblichen Zahl an Gesetzesverstößen kommt.
Maren Schellenberg (Grüne 19,7%, 11 Sitze) rudert zurück. Sie meint:
„Die Idee, in den Sommermonaten Hunde vom Uferweg auszuschließen, finde ich nicht falsch. Der Hund, der das Kind abschleckt oder am Bein der Joggerin schnüffelt, ist auch an der Leine ein Problem.“
Hunde schlecken auch im Winter Kinder an und schnüffeln Joggerinnen und Joggern an den Beinen. Auch vermissen wir den Natur- und Landschaftsschutz. Wenn das Hundemitnahmeverbot auf fünf Monate begrenzt wird, bleiben immer noch sieben Monate, in denen Hundebesitzer wie bisher zulassen, dass ihre Hunde die Seeufer zerstören.
Sabine Gollombeck (AFD 10,5%, 6 Sitze), will die bestehenden Gesetze ändern, das Hundegesetz, das Grünanlagengesetz und das Waldgesetz gleich mit:
„Für ein friedvolles Miteinander von Hundebesitzern und Bürgern ohne Hund empfehle ich ein Hundebadeverbot in den Sommermonaten von Mai bis September. In dieser Zeit sollten Hunde am Uferweg an der Leine geführt werden.“
Nach dem neuen Hundegesetz dürfen Hunde generell nicht mehr an Badestellen mitgenommen werden, sie dürfen – auch im Winter – die Uferbereiche des Schlachtensees und der Krummen Lanke nicht mehr betreten. Und nach dem Grünanlagen- und dem Waldgesetz sind Hunde rund um die beiden Seen generell anzuleinen. Frau Gollombeck scheint die Gesetzeslage nicht zu kennen oder nicht zu wissen, dass für derartige Gesetzesänderungen das Abgeordnetenhaus und nicht die BVV zuständig ist.
Rolf Breidenbach (FDP 9,9%, 5 Sitze) lehnt ein Hundeverbot ab:
„Nachdem das Bezirksamt mit einem strikten Hundeverbot (…) zweimal vor dem Verwaltungsgericht gescheitert ist, sollte nun endlich Schluss sein mit der Verbotspolitik! Es gibt bereits jetzt die Pflicht, Hunde an der Leine zu führen. Man muss dieses Gebot aber auch kontrollieren und gegebenenfalls Bußgelder verhängen.“
Immerhin fordert Breidenbach die Einhaltung der Anleinpflicht und deren Kontrolle.
Gerald Bader (Linke 6,1%, 3 Sitze) plädiert für einen Mediationsprozess:
„Das Hundeverbot an Schlachtensee und Krummer Lanke ohne Bürger- und Anwohnerbeteiligung zu erlassen, war aus meiner Sicht ein überhastetes, falsches Vorgehen (…) Denn nur eine für alle als sinnvoll erachtete Regelung findet bei den Menschen Akzeptanz. Dafür ist es nicht zu spät! Statt eines erneuten Verbotes auf neuer Rechtsgrundlage sollte vom Bezirksamt jetzt ein breit angelegter Bürgerbeteiligungsprozess initiiert werden.“
Er lässt die Antwort auf die Frage offen, welche Gruppen von Bürgern/innen beteiligt werden sollen: Nur die unmittelbaren Anwohner/innen, die Bürger/innen des Bezirks oder alle aus „janz“ Berlin und anderen Bundesländern?
Festzuhalten ist zunächst, dass die BVV in dieser Frage nur Empfehlungen abgeben kann, die Entscheidung aber vom Bezirksamt gefällt wird. Hier haben CDU und SPD jeweils zwei Sitze und die Grünen einen. Zu erwarten ist, dass die SPD – im Gegensatz zu 2015 – ein Hundeverbot nicht mittragen wird. Ein solches Verbot könnte daher nur von einer schwarz-grünen Zählgemeinschaft durchgesetzt werden. Das Hundeverbot 2015 kam nicht zuletzt auch dadurch zustande, weil viele Senatsverwaltungen sich ebenfalls dafür einsetzten, vor allem das Landesforstamt. Aspekte des Naturschutzes jedoch wurden von allen Befragten nicht berücksichtigt.
An einem „runden Tisch“ werden wir uns gern beteiligen. Den Sinn eines solchen Gremiums sehen wir vorrangig in der Beratung der politischen Entscheidungsträger/innen: Es geht um den Erhalt der einzigartigen Naturlandschaft als Erlebnis- und Erholungsraum für Menschen. Die beiden Seen dürfen nicht auch noch – wie der Grunewaldsee – vor die Hunde gehen.
3.10.2016