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„Coco“ verließ ICE in Spandau

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In Zukunft wird er schon vorher aussteigen müssen

„Die Fahrt von Hamburg nach Berlin kann schon mal lange dauern, dachte sich vermutlich der Hund ‚Coco‘ und stieg beim Halt des ICEs am Bahnhof Spandau kurzerhand ohne sein Herrchen aus. Der Mann entdeckte seinen abtrünnigen Gefährten auf dem Bahnsteig erst, als sich die Türen schlossen und der Zug gen Hauptbahnhof weiterrollte. Ein Mitreisender brachte den einsamen, aber zutraulichen Coco zur örtlichen Bundespolizei, die sein Herrchen verständigte, sodass Coco schon bald wieder zweisam durch die Hauptstadt wandeln konnte“, schrieb der Tagesspiegel am 23.1.2019.

Ob „Coco“ sich dabei etwas gedacht hat, ob er einsam war und sich anschließend freute, „wieder zweisam durch die Hauptstadt“ wandeln zu können, wissen wir nicht. Der Tagesspiegel hat versäumt, den Hund zu befragen. Im Forum des Tagesspiegels gab jemand zu bedenken, dass der Hund womöglich vor seinem Halter geflohen sein könnte, mit diesem Menschen eben nicht „durch die Hauptstadt wandeln“ wollte. Zumindest war der Hund in großer Gefahr (und auch eine Gefährdung für andere). Was hätte ihm auf einem Bahnhof, in den alle paar Minuten ein Zug einfährt, nicht alles passieren können! Der Halter hat gegen seine Betreuungspflicht verstoßen.

Lustig jedenfalls fanden wir die Geschichte nicht. In der Deutschen Bahn herrscht Anlein- und Maulkorbpflicht. „Coco“ aber trug weder Leine noch Maulkorb; auch die Steuermarke fehlte. Wir haben bei der Bundespolizei und der Deutschen Bahn nachgehakt. Nach etlichem Hin und Her erhielten wir vom Kundendialog der Deutschen Bahn folgende Mitteilung. Nach Ereignissen und aus versicherungsrechtlichen Gründen habe die Bahn alle Mitarbeiter*innen im Zugbegleitdienst folgendermaßen angewiesen:

„Die seit 2002 geltenden Beförderungsbedingungen zur Mitnahme von Hunden, die nicht in einem geschlossenen Behältnis mitgenommen werden, sind ausnahmslos durchzusetzen. Zur Gewährleistung der Sicherheit von Menschen und Hunden im Zug werden Hunde nur noch angeleint und mit Maulkorb versehen in den Zügen der Deutschen Bahn mitgenommen.“

Sollten Hundehalter*innen der Aufforderung zum Anlegen der Leine und des Maulkorbs nicht nachkommen,

„wird der Hund von der Weiterfahrt ausgeschlossen“,

und zwar selbst dann, wenn die Mitreisenden die Anwesenheit des Hundes tolerieren würden.

Forist „Kapitel“ kommentierte im Tagesspiegel: „Welcome Coco, have a nice time in Spandau“. Bis nach Spandau aber wird Coco es in Zukunft nicht mehr schaffen. Für ihn wird die Fahrt schon weit vorher beendet sein. „Ausnahmslos“ wird er rausgeworfen. Und das ist auch gut so.

Bleibt nur noch zu fragen, warum die Bahn nicht schon auf den Einstiegsbahnhöfen kontrolliert. Dies würde ungeplante Zwischenstopps und dortige Polizeieinsätze vermeiden. Und in der Bahn-Tochter „S-Bahn Berlin“ sowie in den Bahnen und Bussen der BVG sollte die auch dort bestehende Anlein- und Maulkorbpflicht endlich durchgesetzt werden.

S-Bahn Berlin: Hund blockiert den Zugang zu Sitzplätzen. Auch ein älteres Paar, beide mit Unterarmgehstützen, musste daran vorbei.

Veröffentlicht am 25.7.2019